Neuroathletiktraining mit der Brock-Schnur

Gastautorenbeitrag von Tobias Haug

„Der Ball ist rund und das Spiel dauert 90 Minuten.“ Das ist Fußball. Ein einfaches und doch komplexes Spiel.

Mittlerweile wird immer mehr Forschung rund um den Fußball betrieben. Technische Fähigkeiten, physiologische Leistungsdiagnostiken oder das Ballverhalten – jeder Schwerpunkt bietet eine Fülle an Untersuchungsmaterial. Unser Trainingskonzept bei Soccerkinetics orientiert sich an diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen und wird dynamisch an diese angepasst oder damit erweitert. Natürlich schauen wir auch auf unsere eigenen Praxiserfahrungen und sind auch gegenüber vermeintlich neuen Hypes immer kritisch. Gleichwohl ist es doch oftmals das Neue und Unbekannte, was uns weiterbringt. Gleichzeitig hinterfragen wir uns ständig selbst und möchten unseren Trainingsansatz und die daraus resultierenden Soccerkinetics Übungen auf einer wissenschaftlichen Ebene überprüfen. Um dir einen konkreten Einblick in unsere Arbeit zu geben, wird dir im Folgenden eine Studie von Tobias Haug vorgestellt, die wir bei der Erarbeitung unseres Soccerkinetics Trainingskonzepts einbeziehen.

Einleitung

Sportler bewegen sich oft an der Leistungsgrenze und versuchen diese durch Trainingsreize zu verschieben. Je näher sich ein Sportler an sein individuelles Leistungsmaximum hinentwickelt, desto schwieriger wird es, weitere Leistungsverbesserungen durch gewohnte Trainingsreize zu erzielen. Trainingsinhalte werden immer wieder neu durchdacht und Reize verändert, um in der Folge effizienter zu trainieren. Ein Sportler hat in seiner Laufbahn nur eine bestimmte Entwicklungszeit. Jene Sportler, die sich effizienter entwickeln, das heißt, einen gleichen Trainingsfortschritt in kürzerer Zeit erreichen, haben höhere Chancen, in ihrer Sportart die Spitze zu erreichen und ihr individuelles Leistungsmaximum kennenzulernen.

Dank der fortschreitenden Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft erhöht sich das Verständnis für neuronale Prinzipien und Prozesse. In der Folge öffnet sich der Blick in diesem Bereich ebenfalls für neue Trainingsansätze im Sport. Dadurch hat sich in den letzten Jahren eine neue Trainingsphilosophie etabliert, welche die Wirkungsweisen der neuronalen Gesetze und die Prinzipien des Gehirns als oberste Schaltzentrale berücksichtigt. In diesem neurozentrierten Training, auch „Neuroathletiktraining“ genannt, steht im Vergleich zu klassischen Trainingsmethoden das zentrale Nervensystem im Mittelpunkt. Neuroathletik wird in der Praxis bereits seit mehreren Jahren bei Spitzensportlern wie beispielsweise bei Fußballspielern der deutschen Nationalmannschaft und der Bundesliga mit positiver Resonanz eingesetzt. Jedoch gibt es bisher keine evidenzbasierten Daten, die die angewandten Übungen stützen.

Das Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, ob durch das in der Praxis bereits angewandte Training ein akuter Effekt auf die Schussleistung im Fußball ausgelöst werden kann. Nach dem Ansatz des Neuroathletiktrainings hat das zentrale Nervensystem, das sich aus Gehirn und Rückenmark zusammensetzt, drei Aufgaben: Es empfängt sensorische Reize (Input), interpretiert diese (Interpretation) und generiert eine motorische Reaktion (Output) darauf (Input → Interpretation → Output). Der Output kann sich dabei auf verschiedene Bereiche auswirken, zum Beispiel in veränderter Kraft, Beweglichkeit, Koordination oder auch Schmerzempfinden. Im Bereich des Sports wird als Output meist eine sportartspezifische Bewegung gesehen. Grundlage für dieses Schema ist das Zusammenspiel von zentralem und peripherem Nervensystem.

Die sensorischen Reize kommen dabei zum Beispiel aus dem visuellen, vestibulären und propriozeptiven System. Das Neuroathletiktraining hat sich zum Ziel gesetzt, die sensorischen Systeme bei der Aufnahme und Verarbeitung zu optimieren, um damit eine sportartspezifische Bewegung zu verbessern. Die durchgeführte Studie setzt am visuellen System als einem Baustein des Neuroathletiktrainings an.

Das visuelle System stellt die größte Informationsquelle der Sensorik dar. In der Hierarchie der bewegungssteuernden Systeme steht es über dem vestibulären und propriozeptiven System und liefert die meisten und wichtigsten Informationen an das zentrale Nervensystem. Generell sind die visuellen Fähigkeiten mit den motorischen Fähigkeiten eng verknüpft, werden jedoch im Sport eher unterschätzt. (Jendrusch, G. 2019) Dabei liefert das visuelle System keineswegs isoliert Informationen, sondern steht zusammen mit den anderen Systemen in einem Netzwerk. Für die Balance, dem „simplen“ aufrechten Stand und der Ausführung einer spezifischen Bewegung, steht das visuelle System unter anderem in Verbindung mit dem vestibulären System. (Mester, J. 2000) Zum visuellen Training sowohl im sportlichen als auch therapeutischen Bereich gehört das Training mit der Brock-Schnur. So hat sich auch im Neuroathletiktraining die Brock-Schnur zu einem beliebten Trainingsmittel entwickelt. In der durchgeführten Studie wurde die Wirkung einer visuellen Übung mit der Brock-Schnur auf die Schussqualität im Fußball untersucht.

Die Brock-Schnur in der visuellen Therapie

Im Bereich der visuellen Therapie werden hauptsächlich Probleme der binokularen Sehfähigkeit mit der Brock-Schnur behandelt. Die Schnur ist nach ihrem Erfinder Frederick Brock benannt, der als Optiker einen wichtigen Beitrag zur Therapie visueller Defizite leistete und damit anfänglich selbst seine eigenen binokularen Defizite trainierte. Das binokulare Sehen beschreibt das gleichzeitige Betrachten eines Gegenstands mit beiden Augen. Gegenstände oder Objekte werden von beiden Augen aus unterschiedlichen Blickwinkeln wahrgenommen. Dadurch sind die Abbildungen auf der Netzhaut minimal gegeneinander verschoben. Diese Verschiebungen werden durch neuronale Prozesse wieder zu einem Bild verrechnet (binokulare Fusion). Durch das binokulare Sehen entsteht ein räumlicher Tiefeneindruck (räumliches Sehen) und die Möglichkeit, Entfernungen abzuschätzen (Entfernungssehen). Das binokulare Sehen steht mit feinmotorischen Fähigkeiten in einem Zusammenhang.

Im therapeutischen Bereich wird es vor allem bei einer vorliegenden symptomatischen Konvergenzinsuffizienz angewendet, welche eine verminderte Konvergenzfähigkeit der Augen beschreibt. Messbar ist eine Konvergenzinsuffizienz durch den Konvergenznahpunkt („near point of convergence“). An diesem Punkt kann ein Objekt in der Nähe gerade noch binokular einfach gesehen werden. Bei vorliegender Konvergenzinsuffizienz ist dieser Punkt weiter von den Augen entfernt als üblich. Das bedeutet, dass die Augen nur noch zu einem gewissen Maß konvergieren können.

Das Training mit der Brock-Schnur adressiert die Konvergenzbewegung der Augen. So kann mit dem Brock-Schnur-Training zum einen damit der Konvergenznahpunkt positiv verringert und zum anderen können die Symptome einer Konvergenzinsuffizienz effektiv gemindert werden. Nach aktuellem Stand liegt die Prävalenz einer Konvergenzinsuffizienz bei 2 bis 17 % in der Bevölkerung, jedoch steigt diese nach traumatischen Kopfverletzungen auf knapp 50 % an. (Trieu, L. H., & Lavrich, J. B. 2018) Es ist zu beachten, dass die Sportart Fußball besonders anfällig für traumatische Hirnverletzungen ist. (Autti, T., Sipilä, L., Autti, H., & Salonen, O. 1997)

22 % aller Verletzungen im Fußball sind Gehirnerschütterungen. (Levy, M. L., Kasasbeh, A. S., Baird, L. C., Amene, C., Skeen, J., & Marshall, L. 2012) Demzufolge steigt die Wahrscheinlichkeit, dass bei Fußballspielern Defizite in der Konvergenz vorliegen und somit auch Defizite im Binokularsehen, die mit dem Brock-Schnur-Training effektiv gemindert werden können. Das Training mit der Brock-Schnur ist neben der Therapie oftmals Bestandteil eines visuellen Trainings im Sport. So gehört das Brock-Schnur-Training auch in einer Studie zur Milderung von sportinduzierten Gehirnerschütterungen durch visuelles Training zum Therapieinhalt.

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Relevanz der Studie

Durch Übungen mit einer Brock-Schnur wird das räumliche Sehen adressiert, das auf binokularen Sehfähigkeiten beruht. Das räumliche Sehen wird als trainierbar beschrieben und das binokulare Sehen ist eine fußballrelevante visuelle Fähigkeit. Beispiele aus dem Basketball zeigen, dass die Freiwurfleistung von der Integration der Binokularität abhängt. (Vera, J., Molina, R., Cárdenas, D., Redondo, B., & Jiménez, R. 2020)

Darüber hinaus zeigen Studien auf, dass sich durch ein tägliches visuelles Trainingsprogramm, bei der auch die Brock-Schnur dabei ist, die Tiefenwahrnehmung verbessert. (Carly, T., Patti, A., & Vicki, A. M. 2017) Weitere Untersuchungen aus Ballsportarten zeigen einen Zusammenhang zwischen einer Präzisionsleistung und der Fähigkeit der Tiefenwahrnehmung. So konnten beispielsweise im Tennis positive Zusammenhänge zwischen der Zielschlagpräzision und des Tiefensehvermögens festgestellt werden. (Mester, J. 1988)

Ferner zeigen Studien aus Ballsportarten auf, dass ein implementiertes visuelles Training die sportliche Leistung verbessern kann. (Clark, J., Betz, B., Borders, L., Kuehn-Himmler, A., Hasselfeld, K., & Divine, J. 2020) Weiterhin bewirken visuelle Trainingsprogramme im Handball sowohl Verbesserungen in den grundlegenden visuellen Fähigkeiten, unter anderem der Tiefenwahrnehmung, als auch in der Trefferleistung. (Alfailakawi, A. 2016)

Breit angelegte visuelle Trainingsprogramme sind in Studien bereits erforscht. Ein Nachweis, ob ein isoliertes Brock-Schnur-Training einen akuten Einfluss auf die sportliche Leistung im Fußball hat, steht jedoch aus. Die durchgeführten Brock-Schnur-Übungen dieser Studie haben das Trainieren und die Verbesserung des Binokularsehens als eine visuelle Fähigkeit zum Ziel. Die Interventionen dieser Studie streben die Steigerung der Sehschärfe und der Tiefenwahrnehmung des Sportlers an. Folglich soll die visuelle Einschätzung der Lage des Balls präziser erfolgen und somit die Schussleistung des Fußballers verbessert werden.

Einen Wirkungsnachweis dieser bereits angewandten visuellen Übungen auf fußballrelevante Leistungsindikatoren wie die Schussleistung gibt es bisher nicht. In dieser Studie wurde daher untersucht, ob durch eine visuelle Übung aus dem Neuroathletiktraining ein akuter Effekt auf die Schussqualität im Fußball ausgelöst werden kann. Durch die Trainierbarkeit der visuellen Fähigkeiten durch die Brock-Schnur einerseits und die Relevanz der binokularen Funktionen im Fußball andererseits besteht die Annahme, dass sich die Schussqualität nach einem Brock-Schnur Training im Fußball verändert.

 

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Durchgeführte Studie

Die Untersuchung wurde mit Sportstudierenden und mit einer U-16-Mannschaft aus der ersten Bundesliga in Deutschland durchgeführt. Die Schussqualität wurde anhand des „356 soccer shooting test“ (356-SST) erhoben. (Radman, I., Wessner, B., Bachl, N., Ruzic, L., Hackl, M., Baca, A., & Markovic, G. 2016) Der 356-SST zielt darauf ab, drei fußballspezifische Schussvariablen zu erheben: die Schusspräzision (SP), die Ballgeschwindigkeit (BG) und die Schussqualität (SQ). Die Schussqualität wurde unmittelbar vor und nach der Intervention durch insgesamt 12 Schüsse evaluiert. Dabei wurden drei mal vier Schüsse durchgeführt. Nach jeweils vier Schüssen erfolgte die Intervention oder die Placebo-Intervention.

Der Ablauf umfasst einen ersten Ballkontakt, zwei Schritte und den Schusskontakt. Der erste Kontakt wurde dazu genutzt, den Ball mit dem gewählten Schussbein in eine optimale Position (vorwärts rollen) für den Schusskontakt zu bringen. Die Schusspräzision wurde anhand von aufgespannten Zielfeldern (48,8 x 48,8 cm) der linken und rechten Torseite ermittelt. Beide Seiten setzten sich aus jeweils 30 Feldern zusammen.

Das Ziel war es, den Ball so scharf wie möglich zu schießen, wobei gleichzeitig die Kontrolle über den Schuss behalten werden sollte, um den Ball in das möglichst distanzierteste Zielfeld in Bezug zur Tormitte zu treffen. Die Ballgeschwindigkeit wurde durch zwei Lichtschrankenfelder im Abstand von 1,50 m berechnet.

Die Schussqualität wurde über das Verhältnis von Schusspräzision und der Flugzeit (t) (Zeitpunkt des Ballkontakts bis zur Überquerung der Torlinie) errechnet. Somit ergab sich für die Schussqualität: SQ (m/s) = SP (m) / t (s). Die Schussabgabe für die Messung musste innerhalb des markierten Bereichs erfolgen. Die Messung beider Probandengruppen wurde auf Kunstrasen durchgeführt. Die Probanden führten insgesamt 12 Schüsse durch, welche in drei Blöcken mit jeweils 4 Schüssen absolviert wurden.

Intervention

Die visuelle Intervention der Studie wurde mithilfe einer Brock-Schnur durchgeführt und enthielt zwei Übungen: Blicksprünge und „travelling X“. Zwischen den beiden Interventionen lag eine kurze Pause von circa 15 Sekunden, die einen Blick in die Ferne erlaubte. Die verwendete Brock-Schnur ist eine Schnur, auf der drei verschiedenfarbige Kugeln aufgezogen sind. Die Schnur wurde für die Intervention vom Probanden auf Höhe der Nasenspitze gehalten. Um ein klares und vollständiges Bild der Kugel zu sehen, muss die Kugel binokular betrachtet werden. Beim Betrachten der Kugel sollte der Proband zwei Schnüre sehen, die in die Mitte der Kugel laufen und zwei Schnüre, die wieder aus der Kugel austreten. Eine Art „X“. Ist die Verschiebung der Abbildungen auf der Netzhaut zu groß, ist die binokulare Fusion gestört. Infolgedessen liefert hauptsächlich das dominante, starke Auge Informationen an das Gehirn. Die Informationen aus dem „schwachen“ Auge werden unterdrückt (Suppression). Liegt eine Suppression vor, kann der Proband nur eine Schnur sehen beziehungsweise nimmt er eine Schnur nur geschwächt wahr und sieht somit kein „X“. Um die visuelle Intervention so spezifisch wie möglich durchzuführen, nahm der Proband die Schussposition ein. Dabei stand er in einer Schrittstellung, wobei das Standbein vorne am Ball und das Schussbein hinten positioniert war. Die Schnur wurde an einem Ende vom Probanden an der Nasenspitze gehalten und vom Durchführenden zum Ball auf den Boden gespannt (siehe Übung aus dem Soccerkinetics Trainingspaket ab Seite 96).

Blicksprünge

Sakkaden (Blicksprünge) sind sprungartige Augenbewegungen, die bewusst oder unbewusst auftreten können. Dabei wird das Ziel in der Fovea, dem Bereich in der Retina des schärfsten Sehens, eingestellt. Für die Blicksprünge werden drei Kugeln auf die Schnur aufgezogen. Der Proband hat nun die Aufgabe, eine Kugel in Schussposition auf Anweisung zu fokussieren. Dabei wird vom Durchführenden die Farbe der zu fokussierenden Kugel genannt (Blau, Rot oder Gelb). Der Proband gibt dem Durchführenden durch ein kurzes „Ja“ Rückmeldung, ob er die Kugel scharf und dabei ein „X“ sieht. Nach dieser Rückmeldung nennt der Durchführende als Anweisung die nächste Farbe. Hierdurch springt der Fokus des Probanden weiter zur nächsten Kugel (Blicksprung).

Insgesamt werden fünf Blicksprünge absolviert (Fokus auf Blau -> Rot -> Gelb -> Rot -> Blau). Diese Übung zielt darauf ab, Vergenzbewegungen zu koordinieren und binokulare Funktionen zu verbessern. Travelling X Bei dieser Übung handelt es sich um eine Folgebewegung des Auges. Auf der Brock-Schnur ist eine Kugel aufgezogen. Der Proband ist in Schussposition zum Ball und hat die Aufgabe, die Kugel zu fokussieren. Sieht der Proband die Kugel scharf, wird sie vom Durchführenden auf der Schnur bewegt: von unten startend, einmal nach oben bis ca. 10 cm vor die Nase und wieder nach unten bis ca. 10 cm über den Boden. Insgesamt ist die Kugel etwa 15 Sekunden in Bewegung. Für das konstante Scharfsehen eines bewegten visuellen Ziels wird das Zielobjekt in der Fovea gehalten. Dieser Fähigkeit liegen Akkommodationsvorgänge, Vergenzbewegungen und Pupillenreaktionen zugrunde. Bei der Übungsausführung wird die Kugel nur so schnell bewegt, dass die Kugel während der Bewegung vom Probanden scharf gesehen wird. Ist die Bewegungsgeschwindigkeit zu hoch, wird die Kugel möglicherweise wieder mit einer Sakkade „eingefangen“ und in der Folge vom Probanden als unscharf wahrgenommen.

Ziel dieser Übung ist es, der Kugel ohne Sakkaden zu folgen. Falls die Kugel unscharf wird, signalisiert der Proband dies dem Durchführenden durch ein „Stopp“. Die Kugel bleibt so lange an der Position, bis der Proband die Kugel wieder scharf sieht.

Placebo-Intervention

Für die Placebo-Intervention befinden sich die Probanden in gleicher Ausgangsposition zum Ball wie bei den Interventionsübungen. Auf der Brock-Schnur sind keine Kugeln aufgezogen. Der Proband erhält lediglich die Aufgabe, den Ball an dem Punkt zu fokussieren, wo voraussichtlich der Kontakt zwischen Ball und Fuß wäre. Für die Placebo-Intervention wird der Ball zweimal für jeweils 15 Sekunden an diesem Punkt fokussiert. Dabei handelt es sich um die gleiche Dauer wie für die Blicksprünge und die Übung „travelling X“. Um das Zielobjekt scharf zu sehen, wird es in der Fovea fixiert. Dynamische Anpassungsvorgänge wie Akkommodationen werden nicht explizit gefordert, da sich weder der Spieler noch das Zielobjekt bewegen. Es handelt sich um eine statische Sehleistung.

Ergebnisse

 

 

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Schlussfolgernde Interpretation

Das Ziel dieser Studie war, die Wirkung einer Übung aus dem Neuroathletiktraining nachzuweisen. Untersucht wurde der akute Effekt einer Brock-Schnur-Übung auf die Schussqualität. Die Intervention hatte das Ziel, die visuelle Informationsaufnahme und deren Verarbeitung im zentralen Nervensystem zu optimieren, um folglich die Schussqualität als einen sportartspezifischen Parameter zu erhöhen. Die Studie wurde mit Novizen und Profis durchgeführt, um mögliche Effektunterschiede hinsichtlich des Leistungsniveaus zu evaluieren.

Die deutlichsten Ergebnisse zeigten sich in der Schussqualität der Novizen. Diese verbesserte sich durch die visuelle Intervention um 28 %. Die Analyse von Geschwindigkeit und Präzision zeigte, dass die Verbesserung überwiegend auf die Steigerung der Schusspräzision von 18 % zurückzuführen war. Die ausgewählte Übung des Neuroathletiktrainings zeigte somit bereits nach einer Trainingseinheit positive Effekte auf die fußballspezifische Leistung bei Novizen. Ein Vergleich der Schussleistungen bei den Interventionsgruppen zeigte eine 12 % höhere Verbesserung bei den Novizen als bei den Profispielern (Novizen: 28 %, Profis: 16 %). Die Leistungsveränderung der Profis war bei der Placebo- und Interventionsgruppe jedoch ähnlich (18 % und 16 %). Die Analyse der Schussgeschwindigkeit und Schusspräzision zeigte nur geringe Veränderungen. Folglich konnten bei den Profispielern durch das einmalige visuelle Training keine Effekte in der Schussqualität festgestellt werden. Ein erfolgreicher Fußballschuss wird durch eine hohe Ballgeschwindigkeit und eine hohe Schusspräzision charakterisiert. Dabei geht eine maximale Ballgeschwindigkeit mit einer Reduktion der Schusspräzision einher. Diese Problematik wird in der Literatur auch als „speed-accuracy trade off“, das heißt als eine Form des Kompromisses zwischen den Variablen „Geschwindigkeit“ und „Präzision“, beschrieben.(Andersen, T. B., & Dörge, H. C. 2011) Eine gesteigerte Schussgeschwindigkeit wird durch einen höheren Bewegungsumfang des Beckens, der Hüfte und des Knies erzeugt, was wiederum zu einem größeren Abstand zwischen Fuß und Ball führt.

Die größere Ball- und Fußdistanz und der damit einhergehende Kompromiss in Bezug auf eine geringere Schusspräzision wird theoretisch mit dem Gesetz von Fitts beschrieben, wonach es eine umgekehrte Beziehung zwischen den Variablen „Geschwindigkeit“ und „Genauigkeit“ gibt. (Fitts, P. M., & Peterson, J. R. 1964) Die Schussgeschwindigkeiten der Profis sind im Mittel um 17,9 km/h höher als die der Novizen. Die höhere Geschwindigkeit der Profis könnte ein möglicher Erklärungsansatz für die geringere Schusspräzision von 0,62 m im Mittel sein. Mit anderen Worten schießen die Profis zwar mit höherer Geschwindigkeit, in der Folge jedoch auch mit weniger Präzision.

Ein Vergleich in der Literatur zeigt die Treffergenauigkeit im Verhältnis zur Geschwindigkeit bei einem Elfmeter. Studien untersuchten unter anderem einen platzierten Schuss mit der Innenseite des Fußes, welcher 50 cm neben dem Pfosten am Boden ins Tor gehen sollte. Demnach führt eine Erhöhung der Geschwindigkeit von 18 auf 30 m/s zu einer Verringerung der Trefferwahrscheinlichkeit von 90 % auf 76 %. (Hunter, A. H., Angilletta Jr., M. J., Pavlic, T., Lichtwark, G., & Wilson, R. S. 2018) Die Steigerung der Schussqualität der Novizen ist auf eine bessere Schusspräzision zurückzuführen. Die Ergebnisse deuten demnach darauf hin, dass das Training mit der Brock-Schnur hauptsächlich einen positiven Effekt auf die Schusspräzision, nicht aber auf die Schussgeschwindigkeit hat. Bei den Profis lässt sich jedoch keine Verbesserung in der Schusspräzision durch das Training mit der Brock-Schnur nachweisen. Dabei ist zu beachten, dass für die Messung der Novizen eine größere Probandenanzahl getestet wurde (Novizen n = 22, Profis n = 12). Einen möglichen Erklärungsansatz liefert die sportartspezifische Ausbildung der visuellen Fähigkeiten. Studien aus anderen Sportarten zeigen, dass sich das Leistungsniveau ebenfalls in den visuellen Fähigkeiten widerspiegelt. (Cochran, A. J., & Farrally, M. (Eds.). 2002) (Land, M., & Tatler, B. 2009) Visuelle Teilleistungen sind isoliert messbar und bisherige Untersuchungen zur visuellen Leistungsfähigkeit von Fußballern zeigen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Tiefensehvermögens beziehungsweise des räumlichen Sehens in direkten Messungen wie dem sogenannten „Drei-Stäbchen-Test“.

Allerdings konnte in diesen Untersuchungen ebenfalls gezeigt werden, dass Profi-Fußballer eine signifikant bessere Sehschärfe, sowohl in die Ferne als auch im Nahbereich aufweisen, als tieferklassige Spieler. (Jendrusch, G., Kaczmarek, L., Lange, P., Lingelbach, B., & Platen, P. 2006) Eine verminderte Sehschärfe führt in der Folge zu Einschränkungen des räumlichen Sehens und zu Leistungsverschlechterungen, beispielsweise in der Ballberechnung. (Möllenberg, O., Jendrusch, G., & Heck, H. 2001) Darüber hinaus sind visuelle Wahrnehmungsleistungen neben perzeptuellen Fähigkeiten, zu denen auch das Tiefensehen gehört, auch von kognitiven Komponenten wie Kenntnisse und Erfahrung abhängig. (Helsen, W. F., & Starkes, J. L. 1999) Demnach ist es möglich, dass die U-16-Profis aufgrund ihrer größeren Erfahrung ein besseres und spezifischeres visuelles Leistungsniveau haben und somit das Potenzial zur Verbesserung geringer ist. Demgegenüber sind die visuellen Fähigkeiten der Novizen nicht fußballspezifisch ausgebildet und das Potenzial ist folglich höher. Ein geringerer Effekt bei den Profis aufgrund einer spezifischen Vorerfahrung kann ausgeschlossen werden, da sowohl für die Novizen als auch für die Profis das visuelle Training mit der Brock-Schnur neu war.

Um den Erklärungsansatz des vermuteten Verbesserungspotenzials zu beweisen und die Wirkungsweise eines fußballspezifischen Brock-Schnur Trainings detailliert zu erforschen, sind visuelle Leistungsdiagnostiken notwendig. Ferner ist die Steigerung der Schusspräzision durch Adaptionen des visuellen Systems erklärbar. Dazu zählen auch blickmotorische Adaptionen. Das räumliche Sehen und das Binokularsehen sind fußballrelevante visuelle Fähigkeiten und unterliegen blickmotorischen Leistungen wie Vergenzbewegungen, Akkommodation und Pupillenreaktion. Die Trainierbarkeit des räumlichen Sehvermögens wird unter anderem durch die Veränderung der leistungsbeeinflussenden motorischen Anteile beschrieben. Somit werden fußballrelevante visuelle Anforderungen wie Vergenzbewegungen und Akkommodationsvorgänge durch die Brock-Schnur trainiert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese verbessert und in eine erhöhte Schussqualität umgesetzt werden können.

Ebenfalls können die Verbesserungen des visuellen Systems auf Adaptionen zentraler Prozesse beruhen. Aufgrund des akuten Effekts und der schnellen zeitlichen Adaption liegt eine Anpassung auf nervaler Ebene nahe. Steigerungen der dynamischen Sehschärfe werden weniger mit motorischen Anpassungen beschrieben, sondern sind auf verbesserte oder schneller abrufbare Motorikprogramme und somit zentral-koordinative Effekte zurückzuführen. (Jendrusch, G. 2009) Eine Übertragbarkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus dem Labor auf die geforderten visuellen Fähigkeiten des Fußballschusses wird vermutet, kann jedoch aufgrund fehlender Diagnostik nicht eindeutig belegt werden. Diese Studie führte keine visuelle Leistungsdiagnostik mit den Probanden durch und somit waren visuelle Teilleistungen der Probanden nicht bekannt. Folglich wurde zwar das Binokularsehen als fußballrelevante visuelle Fähigkeit trainiert, individuelle visuelle Defizite blieben jedoch unberücksichtigt. Ferner erfolgte die Intervention sportartspezifisch in Schussposition, jedoch wurde dieselbe Intervention mit allen Probanden angewandt. Für eine standardisierte Messung ist dies notwendig, jedoch wird damit dem Ansatz des individuellen Trainings widersprochen. Dies deckt sich mit Erkenntnissen aus weiteren Studien, wonach ein unspezifisches, visuelles Training keine motorischen und visuellen Effekte zeigt. (Abernethy, B., & Wood, J. M. 2001)

Ein auf die Anforderungen einer Sportart bezogenes visuelles Training führt wiederum zu positiven Effekten. (Clark, J., Graman, P., Ellis, J., Mangine, R., Rauch, J., Bixenmann, B., Hasselfeld, K., Divine, J., Colosimo, A., & Myer, G. (2015) Vor diesem Hintergrund ist die Steigerung der Schussqualität um 28 % bei Novizen verhältnismäßig hoch einzustufen. Positive Ausreißer mit 144 % bei den Novizen und 93 % bei den Profis zeigen das mögliche Verbesserungspotenzial auf. Neben den individuellen Defiziten können auch mögliche Verbesserungen durch das Brock-Schnur-Training in einzelnen visuellen Fähigkeiten aufgrund fehlender Diagnostik nicht aufgezeigt werden. Es lassen sich somit keine eindeutigen Rückschlüsse auf Leistungsveränderungen durch visuelle Fähigkeiten ziehen. Jedoch sind aufgrund der dynamischen visuellen Anforderungen beim Schuss und der schnellen Optimierungen nach der Intervention die Verbesserungen eher auf zentral-koordinative Effekte als auf motorische Leistungen zurückzuführen. Zugleich lassen sich die Verbesserungen der Schussqualität in die Prinzipien des sensomotorischen Lernens von Wolpert und Kollegen einordnen. (Wolpert, D. M., Diedrichsen, J., & Flanagan, J. R. 2011)

Für das Lernen von Bewegungen interagieren demnach mehrere Komponenten. Dazu gehören die Informationsaufnahme und deren Selektion auf Relevanz, Entscheidungsfähigkeit sowie unterschiedliche Arten der Bewegungskontrolle. Die Bewegungskontrolle wird demnach in eine vorhersagbare „Feedforward“, eine reaktive und biomechanische Kontrolle klassifiziert. Für eine präzise Bewegung ist das Sammeln relevanter Informationen und das Verarbeiten sensorischer Informationen eine wichtige Voraussetzung. Übertragen auf den Ansatz des Neuroathletiktrainings können durch das Brock-Schnur-Training anscheinend mehr relevante visuelle Informationen gesammelt werden und folglich ist eine präzisere Bewegung möglich. Die Lernqualität der Schussbewegung steigt. Aus der Perspektive der Wahrscheinlichkeit kommen die Mechanismen, die dem menschlichen Nervensystem für Entscheidungsprobleme zugrunde liegen, rechnerisch der Bayes‘schen Entscheidungstheorie nahe. (Körding, K. P., & Wolpert, D. M. 2006) Nach dieser Theorie werden Entscheidungen über motorische Handlungen auf Grundlage zweier Variablen gefällt: der sensorischen Informationen und der Erinnerungen beziehungsweise des Erfahrungswissens. Ordnet man die Effekte der Pilotstudie in diese Theorie ein, könnte eine Erklärung in der verbesserten Qualität der sensorischen Informationen liegen, in diesem Fall der visuellen Informationen. Folglich steigt die Wahrscheinlichkeit, die richtige motorische Handlung auszuführen.

Die gesteigerte Schusspräzision könnte überdies an einer gesteigerten Körperstabilität des Spielers liegen. Damit ist im weiteren Sinne die Standstabilität gemeint. Das visuelle System ist mit dem vestibulären System verknüpft. Visuelle Informationen dienen nicht nur zur Orientierung im Raum während Bewegungen, sondern sind ebenfalls für die Balance wichtig. (Mester, J. 2000) Ist ein sensorisches System gestört, führt dies in der Folge auch zu einer geringeren Stabilität. (Norré, M. E. 1993) Ein Fußballschuss erfordert eine hohe Körperstabilität. Das visuelle Training könnte dazu beitragen, die Gesamtstabilität zu erhöhen. Weiterhin kann die Schussbewegung effizienter durchgeführt werden und präzise Bewegungen sind aufgrund der Stabilität wiederholbar.

Ob das Brock-Schnur-Training eine Wirkung auf die Stabilität hat, kann in Folgestudien durch Balancetests oder weitere Messungen der Haltungsstabilität nachgewiesen werden. Hierfür eignen sich beispielsweise ein Romberg-Test oder Messungen zur posturalen Kontrolle. Spezifisch könnte aber auch die Stabilität des Standbeins mithilfe eines „single leg hop test“ durchgeführt werden. Außerdem führt die spezifische Ausführung des Brock-Schnur-Trainings in Schussposition zu einer besseren Einschätzung der Lage des Balls im Raum. Folglich kann der Fußballspieler aufgrund höherer Stabilität und optimierter visueller Informationsaufnahme und -verarbeitung die Schusspräzision erhöhen. Messungen im Vorfeld dieser Studie verglichen die Wirkung zwischen 12 Schüssen, die in Folge abgegeben wurden, und den in dieser Studie verwendeten Schussblöcken mit jeweils 4 Schüssen. In der Messung mit den 3 Schussblöcken zeigte sich eine höhere Wirkung. Vor diesem Hintergrund wurde der „356-SST“, der 10 Schüsse in Folge enthält, modifiziert durchgeführt. Ob ein regelmäßiges visuelles Brock-Schnur-Training zu einem langanhaltenden Effekt führt, bleibt ungeklärt. Die Ergebnisse in den Messungen dieser Pilotstudie weisen eine hohe Variabilität im Zusammenhang mit dem 356-SST auf. Die Standardabweichungen in einer vergleichbaren Studie von Radman et al. (Radman, I., Wessner, B., Bachl, N., Ruzic, L., Hackl, M., Baca, A., & Markovic, G. 2016) betragen in den Messungen jeweils ± 1,0 m/s für die Schussqualität. Der 356-SST wird damit als ein reliabler und sensitiver Test für die spezifische Schussfähigkeit bei männlichen Fußballspielern beschrieben. Ein Vergleich der Standardabweichungen zeigt, ausgenommen die Prä-Messung der Placebo-Gruppe der Novizen (± 0,81 m/s), durchweg höhere Abweichungen in dieser Studie (Novizen ± 1,06 und 1,10; 1,27 m/s; Profis ± 1,02; 1,06 und 1,03; 1,16 m/s).

Der durchgeführte 356-SST weist unter anderem durch einen vorgegebenen Anlauf, Kunstrasen und gleichbleibende Einweisungen in die Messung eine hohe Standardisierung auf. Demgegenüber kann die hohe Variabilität der Messungen kritisch betrachtet werden. Das Ziel, einen hohen Präzisionsscore und damit das obere oder untere Eck des Tors zu treffen, ist mit dem Risiko, das Tor an der Seite zu verfehlen, eng verbunden. Damit liegen der maximale Präzisionsscore und ein Nullwert direkt beieinander. Die hohe Variabilität ist möglicherweise auf diese Problematik zurückzuführen. Eine Lösung hierfür könnte eine veränderte Messung sein, in der ein fixes Ziel verwendet wird, was es zu treffen gilt und von dem aus der exakte Abstand zum Ball ermittelt werden kann. In der Folge würden Veränderungen präziser gemessen werden können und der Sprung von maximalem Präzisionsscore und einem Nullwert wäre nicht gegeben. Die Messungen dieser Studie wurden auf Kunstrasen durchgeführt. Pilotmessungen im Vorfeld zeigten, dass die hohe Schussanzahl innerhalb einer Messung eines Probanden zu einer deutlichen Verschlechterung des natürlichen Rasens und somit zu einer niedrigen Reliabilität des Tests und Verzerrungen der Messergebnisse führt. Ergänzend ist anzumerken, dass in Studien keine signifikanten Unterschiede der Schusstechnik auf natürlichem Rasen und Kunstrasen mit Gummi-Granulat nachgewiesen sind. (Potthast, W., & Brüggemann, G. P. 2009)

 

Limitationen

Die Schussgeschwindigkeit wurde mithilfe zweier Lichtschranken erhoben. Eine Messung der U-16-Profispieler in Dortmund wurde bei hoher Luftfeuchtigkeit und niedrigen Temperaturen von knapp über null Grad durchgeführt. Gemäß den Angaben des Herstellers ist die Lichtschranke nur für den Indoor-Gebrauch zu verwenden. Dies könnte zu Ergebnisverzerrungen geführt haben.

Aus der subjektiven Beobachtung der Studiendurchführung spiegelt die Messung nicht das ganze Potenzial der visuellen Intervention wider. Aus den Beobachtungen scheinen sich einige Spieler nach der Brock-Schnur-Intervention in ihrer Schusstechnik und Präzision verbessert zu haben, allerdings drückt sich dies durch Pfosten- oder Lattentreffer nicht im Präzisionsscore und somit auch nicht in der Schussqualität aus.

Die beschriebene Problematik des maximalen Präzisionsscores und der naheliegenden Nullwerte führen möglicherweise zu einer verzerrten Interpretation der Ergebnisse. Verbesserungen im Abstand zwischen Ball und Tor sind in den Messungen unberücksichtigt. Aus dem Feedback der Probanden geht hervor, dass der Ball nach der Intervention besser fokussiert werden konnte.

Auch die geringere Probandenanzahl der Profis sind auf die örtlichen Gegebenheiten und die schwierige Implementierung der Messung in den Trainingsalltag zurückzuführen. Dadurch liegen unterschiedliche Probandenanzahlen in den beiden miteinander zu vergleichenden Interventionsgruppen vor.

Trainingsempfehlungen und Fazit

Die verwendeten Übungen „travelling X“ und „Blicksprünge“ aus dem Neuroathletiktraining sind leicht ins Training implementierbar und von zu Hause aus durchführbar. Zudem ist für die Anwendung kein Therapeut, sondern lediglich eine Brock-Schnur und eine präzise Durchführung notwendig. Die Studienergebnisse zeigen, dass sich die visuellen Übungen zum Schusstraining eignen. Durch die erhöhte Schusspräzision kann die Lernqualität von Freistößen, Elfmetern oder Flanken gesteigert werden. Die Übungen können zu Beginn in einem neutralen Stand durchgeführt werden, um sich mit der Brock-Schnur vertraut zu machen. Jedoch ist eine sportartspezifische Position für einen Transfer zu empfehlen. Aufgrund des akuten Effekts sollten die Übungen in kurzen Zeitintervallen angewendet werden.

Das Neuroathletiktraining ist in den letzten Jahren als neue Trainingsphilosophie im Sport aufgekommen und hat sich speziell im Leistungssport etabliert. Dabei liegt die Funktionsweise des zentralen Nervensystems als obere Instanz und Schaltzentrale des Körpers im Fokus. Die Methoden haben das Ziel, die Aufnahme von sensorischen Informationen und deren Verarbeitung zu verbessern, um infolgedessen eine effizientere Bewegung und eine höhere sportliche Leistung zu ermöglichen. Das Neuroathletiktraining ersetzt dabei keine klassischen Trainingsmethoden, sondern kann sinnvoll in das Training implementiert werden.

In dieser Studie konnte nachgewiesen werden, dass eine visuelle Übung mit der Brock-Schnur einen positiven Effekt auf die Schussqualität bei Novizen im Fußball hat. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass schussrelevante visuelle Fähigkeiten durch das Training mit der Brock-Schnur adressiert werden können. Es ist davon auszugehen, dass die visuellen Fähigkeiten, die durch die Brock-Schnur trainiert werden, für die Schussqualität von Relevanz sind. Überdies scheint die Verbesserung der Schussqualität, speziell der Schusspräzision, durch eine Verbesserung der visuellen Fähigkeiten begründbar zu sein.

Eine wissenschaftliche Studie strebt nach einer hohen Standardisierung. Demgegenüber sind effektive Trainingsprogramme auf den Athleten zugeschnitten und individuell gestaltet. Vor diesem Hintergrund steht die Wissenschaft vor der Herausforderung, die Wirksamkeit bestehender Methoden nachzuweisen und gleichzeitig zu beachten, dass jeder Athlet unterschiedliche Bedürfnisse hat.

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